Muss jeder Aufzug vom TÜV geprüft werden?

Eine oftmals gestellte Frage beim Kauf unserer Aufzüge: Muss dieser jährlich vom TÜV oder der Dekra geprüft werden? Die einfache Antwort: Nein. Eine Prüfung durch einen externen Sachverständigen ist möglich, allerdings bei unseren Aufzügen nicht vorgeschrieben. Hier die lange Version der Antwort:
Woraus ergibt sich die Prüfpflicht?
Die Prüfpflicht für Aufzüge ergibt sich aus mehreren Quellen: Dem Produktsicherungsgesetz, der Betriebssicherheitsverordnung, sowie der Aufzugsrichtlinie.
Aus diesen Quellen ergibt sich für überwachungsbedürftige Anlagen folgende Vorgaben:
- Alle zwei Jahre ist eine große Hauptprüfung durch die Dekra, den TÜV oder eine anderweitige zugelassene Überwachungsstelle durchzuführen. In den Hauptprüfungen werden neben den Sicherheitseinrichtungen auch das Fahrverhalten usw. überprüft.
- Zwischen den Hauptprüfungen ist eine jährliche Zwischenprüfung notwendigen, in denen die Sicherheitseinrichtungen und Notfallsysteme getestet werden.
Diese Prüfungen sind durch eine gut sichtbare Plakette kenntlich zu machen, so dass einem Nutzer sofort auffällt, ob die vorgeschriebenen Prüfzyklen eingehalten wurden.
Welche Aufzüge müssen geprüft werden?
Gemäß der Betriebssicherheitsverordnung gelten alle Aufzüge, welche dem Personentransport dienen als überwachungsbedürftige Anlagen. Abzugrenzen von diesen Aufzügen sind Treppenlifte und Behindertenhebebühne. Aufgrund ihrer Bauweise zählen diese nicht zu den Aufzügen und gehören demnach nicht zu den überwachungsbedürftigen Anlagen. Eine Ausnahme besteht allerdings bei einer Förderhöhe ab 3 Metern. In diesem Fall werden auch Behindertenhebebühnen & Co. in die Überwachungspflicht mit aufgenommen.
Nun könnte man meinen: Der Aufzug dient nur dem reinen Gütertransport, also betrifft mich die Überwachungspflicht nicht. Leider nein, hier hilft ein Blick in die sogenannte Aufzugsrichtline (derzeit die Richtline 2014/33/EU des europäischen Parlaments):
Unter die Prüfpflicht fallen Aufzüge, welche eins der folgenden Kriterien erfüllt:
- der Aufzug dient der Personenbeförderung oder
- der kombinierten Personen- und Güterbeförderung
- oder dem reinen Transport von Gütern.
Moment, das würde ja alle Aufzugsarten betreffen! Das stimmt, generell gilt erst einmal jeder Aufzug als überwachungspflichtige Anlage, allerdings führt die Richtlinie einige Ausnahmen auf:
- Aufzüge, welche mit maximal 0,15 m/s fahren.
- Baustellenaufzüge
- Seilbahnen
- Spezialaufzüge für den militärischen Sektor oder der öffentlichen Sicherheit.
- Hubarbeitsbühnen
- Schachtförderanlagen
- Theaterhebebühnen
- …
Wieso müssen unsere Güteraufzüge nicht geprüft werden?
Schaut man sich die Liste der Ausnahmen an, fällt schnell auf, wieso für unsere Produkte keine regelmäßige TÜV-Prüfung erforderlich ist. In unserem Portfolio gibt es nur zwei Produkte, welche eine Personenbeförderung gestatten: Den Verladehubtisch und die Hubarbeitsbühne. Beide Produkte fallen nicht unter die Aufzugsrichtlinie, bzw. sind von dieser ausgenommen.
Somit würden wir nur noch mit unseren vereinfachten Güteraufzügen in den Bereich der Aufzugsrichtlinie fallen. Hier achten wir auf eine passende Fahrgeschwindigkeit des Aufzugs, d.h. wir bewegen uns immer in einem Geschwindigkeitsbereich unter 0,15 m/s. Somit fallen unsere hydraulischen Aufzüge unter den Ausnahmen der Aufzugsrichtlinie und die regelmäßigen Prüfungen brauchen nicht vom TÜV oder der Dekra durchgeführt werden.
Heißt das, dass keine Prüfungen erforderlich sind?
Auch wenn eine jährliche Prüfung durch eine zugelassene Überwachungsstelle nicht vorgeschrieben ist, bedeutet dies nicht, dass keine Prüfungen erforderlich sind.
Wird der Güteraufzug beispielsweise im gewerblichen Umfeld eingesetzt, ist der Aufzug wie jedes andere Arbeitsmittel zu behandeln. Daher sind zumindest die Prüfungen gemäß den Unfallverhütungsvorschriften und der Betriebssicherheitsverordnung im jährlichen Rhythmus erforderlich. Des Weiteren schreibt jeder Hubtischhersteller bestimmte Prüfzyklen für seine Maschinen und Anlagen vor (unsere Vorgaben für hydraulische Scherenhubtische finden Sie zum Beispiel im Artikel: Wartungsarbeiten am Scherenhubtisch).
Diese Prüfungsarbeiten müssen allerdings nicht vom TÜV oder von der Dekra ausgeführt werden, sondern können von jeder befähigten Person durchgeführt werden. Somit können Sie die notwendigen Prüf- und Wartungsarbeiten kombinieren und insgesamt günstigere Betriebskosten erzielen. Auf Wunsch bieten wir diesen Service selbstverständlich für unsere eigenen Anlagen an, sprechen Sie uns einfach an.
Comments (4)
Jens Eitz
at 06.12.2021Gruß,
oder Sie erklären mir den Unterschied.
Markus Janzen
at 06.12.2021in dem Artikel wird erwähnt, dass alle zwei Jahre eine Hauptprüfung durchgeführt werden muss und in den Zwischenjahren eine Zwischenprüfung. Wie Sie richtig erkannt haben, bedeutet dies, dass bei (bestimmten) Aufzugstypen jedes Jahr eine Prüfung durchgeführt werden muss. Entfernt vergleichbar ist dies ggf. mit der Inspektion eines Autos. Auch hier müssen Sie jedes Jahr zur Inspektion, allerdings ist nicht in jedem Jahr eine große Inspektion erforderlich.
Wenn Sie sich nur auf den Einleitungstext und den ersten Abschnitt beziehen, empfehle ich die Lektüre des gesamten Artikels. Wenn Sie den Abschnitt "Wieso müssen unsere Güteraufzüge nicht geprüft werden?" lesen, erhalten Sie die Antwort, wieso eine solche Prüfung bei dem von uns vertriebenen Aufzugstypen nicht erforderlich ist (Kurzform: Sie fallen nicht unter die Aufzugsrichtlinie, erläutert wird dies in dem Abschnitt "Welche Aufzüge müssen geprüft werden?").
Mit freundlichem Gruß
Markus Janzen
Jannick Göppert
at 14.02.2022können Sie mir sagen, wo ich die Ausnahme zur Prüfung für Aufzüge finde, die langsamer als 0,15 m/s sind?
Vielen Dank.
Markus Janzen
at 15.02.2022leider lässt sich diese Frage nicht pauschal beantworten.
Vielmehr müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein:
1. Der entsprechende Aufzug darf nicht unter die Aufzugsrichtlinie fallen
Jeder Aufzug, welcher entweder eine Geschwindigkeit von mehr als 0,15 m/s aufweist oder bei dem Personen mitfahren, fällt unter die Aufzugsrichtlinie. Sollte der von Ihnen eingesetzte Aufzug neben der geringen Geschwindigkeit auch keine Personenmitfahrt ermöglichen, besteht die Möglichkeit, dass die Aufzugsrichtlinie nicht angewendet werden muss. Im Detail sind hier allerdings die Voraussetzungen der Aufzugsrichtlinie zu prüfen.
2. Die anzuwendende Norm/Richtlinie schreibt eine entsprechende Prüfung nicht vor
Wurde festgestellt, dass die Aufzugsrichtlinie nicht anzuwenden ist, muss nun ermittelt werden, welche andere Richtlinie oder harmonisierte Norm anzuwenden ist, da sich auch aus anderen Vorschriften eine etwaige Prüflicht ergeben könnte.
Ich hoffe, dass Ihnen diese Antwort weiterhilft, wenn auch die Klärung weiter Arbeitsschritte Ihrerseits erfordert.
Mit freundlichem Gruß
Markus Janzen