Hubtische als Güteraufzüge: Wichtige Unterschiede zu herkömmlichen Hubtischen

Warum sind Scherenhubtische, die als Güteraufzüge eingesetzt werden, teurer als Standardhubtische? Und warum ist es nicht möglich, einfach einen handelsüblichen Hubtisch für diesen Zweck zu verwenden?

Diese Fragen sind absolut berechtigt, besonders wenn man den Preisunterschied zwischen einem Standardhubtisch und einem vereinfachten Güteraufzug betrachtet. In diesem Artikel erklären wir, warum ein handelsüblicher Hubtisch für den Einsatz als Güteraufzug ungeeignet ist.

Gibt es Unterschiede in der anzuwendenden Norm?

Nein, es gibt keinen Unterschied in der anzuwendenden Norm, solange der Hubtisch nur zwei Haltestellen anfährt. Sowohl für Standardhubtische als auch für vereinfachte Güteraufzüge gilt in diesem Fall die gleiche europäische Norm, die EN 1570-1. Diese Norm beschreibt die Sicherheitsanforderungen für Hubtische.

Erst wenn der Hubtisch mehr als zwei Haltestellen anfährt oder Personen befördert werden sollen, greifen andere Richtlinien und Normen. 

Gleiche Norm, aber unterschiedliche Schutzmaßnahmen?

Obwohl die gleiche Norm angewendet wird, wenn die Hubtische bis zu zwei Haltestellen anfahren, sind dennoch unterschiedliche Sicherheitsmaßnahmen erforderlich. Die EN1570-1 berücksichtigt insgesamt acht verschiedene Szenarien, die unterschiedliche Sicherheitsanforderungen zur Folge haben. Einfluss auf die notwendigen Sicherheitseinrichtungen haben dabei folgende Faktoren:

  • Gibt es mehr als eine Haltestelle?
  • Befindet sich die Hebebühne in einem begrenzten Zugangsbereich?
  • Kann die Bedienperson den Gefahrenbereich vollständig einsehen?
  • Fahren Bedienpersonen mit auf der Plattform?
  • Liegt die Hubhöhe bei mehr als 500 mm bzw. mehr als 1,6 m?
  • Fährt die Hebebühne im Totmann- oder Automatikbetrieb?

Um die Auswirkungen dieser Faktoren auf die Sicherheitsanforderungen besser zu verstehen, möchten wir dies anhand von zwei Beispielen verdeutlichen:

Beispiel 1: Ein Scherenhubtisch als Hubarbeitstisch

Ein klassisches Beispiel für die Anwendung eines Scherenhubtisches ist der Hubarbeitstisch, der in der Produktion zur Verbesserung der Ergonomie eingesetzt wird. Diese Art von Hubtisch ermöglicht es, Werkstücke anzuheben und abzusenken, sodass der Mitarbeiter stets in einer für ihn optimalen Arbeitshöhe arbeiten kann.

Da der Mitarbeiter direkt am Scherenhubtisch arbeitet, ist gewährleistet, dass er den gesamten Gefahrenbereich während der Hub- und Senkbewegungen im Blick hat. 
Ein weiterer wichtiger Aspekt bei Hubarbeitstischen ist der Totmannbetrieb. Das heißt, der Montagehubtisch hebt oder senkt sich nur so lange, wie die entsprechende Taste gedrückt wird. Wird die Taste losgelassen, stoppt der Hubtisch sofort. 

Einbausituation nach der EN 1570-1

Betrachtet man den Hubarbeitstisch im Kontext der acht Einbauszenarien gemäß EN 1570-1, ergeben sich folgende Erkenntnisse in Bezug auf mögliche Gefahren:

  1. Gibt es mehr als eine Haltestelle?
    Nein, der Hubarbeitstisch verfügt über eine feste Haltestelle - die vollständig eingefahrene Position. Alle anderen Hubstellungen sind flexibel und können an die Bedürfnisse des jeweiligen Mitarbeiters angepasst werden. Eine feste Übergabeposition gibt es nicht.
  2. Befindet sich die Hebebühne in einem begrenzten Zugangsbereich?
    Hubarbeitstische werden in der Regel in der Produktion von Industriebetrieben eingesetzt, die üblicherweise nicht frei zugänglich sind. Fremde Personen müssen zunächst Zutritt zur Produktion erhalten. Somit kann von einem begrenzten Zugangsbereich gesprochen werden.
  3. Kann die Bedienperson den Gefahrenbereich vollständig einsehen?
    Diese Frage wurde bereits im vorherigen Abschnitt beantwortet. In der Regel haben Hubarbeitstische die Größe einer Europalette, wodurch der gesamte Arbeitsbereich des Scherenhubtisches für einen Mitarbeiter gut einsehbar ist. Sollte jedoch eine größere Scherenhebebühne verwendet werden, kann der Einsatz eines zusätzlichen Freigabetasters für eine Zwei-Personen-Bedienung erforderlich sein.
  4. Fahren Bedienpersonen auf der Plattform mit?
    Nein, Hubarbeitstische sind ausschließlich zum Anheben von Werkstücken konzipiert. Es ist nicht vorgesehen, dass Bedienpersonen auf der Plattform mit angehoben werden.
  5. Liegt die Hubhöhe bei mehr als 500 mm bzw. mehr als 1,6 m?
    Die Frage nach einer Hubhöhe von mehr als 500 mm zielt auf die potenzielle Absturzgefahr von der Plattform oder einer oberen Haltestelle ab. Da weder eine Personenmitfahrt erlaubt noch eine obere Haltestelle vorhanden ist, ist dieses Risiko hier nicht relevant.
    Bei einer Hubhöhe von mehr als 1.600 mm könnten Personen unter den Scherenhubtisch geraten. Im Normalfall hebt ein Hubarbeitstisch auf eine Endhöhe von etwa 1.000 bis 1.100 mm, sodass keine zusätzliche Absicherung erforderlich ist. Bei höheren Hubhöhen könnte jedoch ein Unterlaufschutz erforderlich sein.
  6. Fährt die Hebebühne im Totmann- oder Automatikbetrieb?
    Wie bereits erwähnt, fahren Hubarbeitstische im Totmannbetrieb, um ein Halten an jeder Zwischenposition zu ermöglichen.

Was bedeutet dies für die Schutzmaßnahmen?

Aufgrund der beschriebenen Einbausituation wird bei Hubarbeitstischen von einer vergleichsweise geringen Gefährdung ausgegangen. Daher sind neben einer stabilen mechanischen Auslegung allein die gängigen Sicherheitseinrichtungen erforderlich, wie zum Beispiel:

  • Fußschutzschaltleiste: Zum Schutz vor Quetschungen während der Absenkbewegung.
  • Rohrbruchsicherung: Zur Vermeidung eines unkontrollierten Absinkens bei einem abgeplatztem oder abgerissenem Hydraulikschlauch.
  • Wartungsstützen: Um sicherzustellen, dass der Hubtisch während Wartungsarbeiten in angehobener Position bleibt.
  • Niedrige Steuerspannung: Um die Sicherheit während der Bedienung zu gewährleisten.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass sich diese Anforderungen je nach spezifischer Einbausituation ändern können. Beispielsweise könnte ein offenes Treppengeländer in der Nähe zusätzliche Schutzmaßnahmen erfordern. Daher ist es unerlässlich, für jede Scherenhebebühne eine individuelle Risikobeurteilung durchzuführen, um sicherzustellen, dass alle potenziellen Gefahren angemessen berücksichtigt und adressiert werden.

Beispiel 2: Scherenhubtisch als vereinfachter Güteraufzug

Betrachten wir nun einen Scherenhubtisch, der als klassischer Güteraufzug eingesetzt wird. In diesem Kontext verstehen wir unter „klassisch“ einen Aufzug, der ausschließlich zum Transport von Gütern zwischen zwei Etagen verwendet wird. Bedienpersonen dürfen den Aufzug zwar an den Haltestellen betreten, eine Mitfahrt ist jedoch nicht gestattet.
Das Anfahren der einzelnen Etagen erfolgt mit Hilfe einer Automatiksteuerung: Die Bedienperson wählt lediglich die gewünschte Haltestelle aus und der Hubtisch fährt anschließend selbstständig in die entsprechende Etage.

Einbausituation nach der EN 1570-1

Auch hier möchten wir den Güteraufzug im Kontext der acht Einbauszenarien gemäß EN 1570-1 betrachten. Es ergeben sich folgende Erkenntnisse:

  1. Gibt es mehr als eine Haltestelle?
    Ja, wir gehen bei unserem vereinfachten Güteraufzug von zwei Haltestellen aus, damit die EN 1570-1 angewendet werden kann.
  2. Befindet sich die Hebebühne in einem begrenzten Zugangsbereich?
    Unsere vereinfachten Güteraufzüge werden in der Regel in Produktionsbereichen oder Lagern von Industriebetrieben eingesetzt. Ähnlich wie bei den Hubarbeitstischen handelt es sich daher um einen begrenzten Zugangsbereich.
  3. Kann die Bedienperson den Gefahrenbereich vollständig einsehen?
    Da der Güteraufzug sowohl an der oberen als auch an der unteren Haltestelle mit einer Bedienstelle ausgestattet ist, ist es leider nicht möglich, den gesamten Gefahrenbereich einzusehen. Wenn sich der Bediener beispielsweise an der oberen Haltestelle befindet, hat er den Bereich unterhalb der Hubplattform nicht im Blick.
  4. Fahren Bedienpersonen auf der Plattform mit?
    Nein, unsere Güteraufzüge sind ausschließlich für den Warentransport ausgelegt. Eine Mitfahrt von Bedienpersonen ist nicht gestattet.
  5. Liegt die Hubhöhe bei mehr als 500 mm bzw. mehr als 1,6 m?
    In der Regel beträgt die Förderhöhe bei Güteraufzügen mindestens 3 Meter.
  6. Fährt die Hebebühne im Totmann- oder Automatikbetrieb?
    Zur Erhöhung des Komforts fährt der Hydraulikaufzug im Automatikbetrieb. Dadurch muss der Bediener die Etagentaste nicht während des gesamten Hebe- oder Senkvorgangs gedrückt halten.

Was bedeutet dies für die Schutzmaßnahmen?

Im Vergleich zu Hubarbeitstischen weisen vereinfachte Güteraufzüge zusätzliche Gefahrenquellen auf, die durch geeignete Schutzmaßnahmen beseitigt werden müssen.

  1. Absturzgefahr an der oberen Haltestelle:
    Eine der potenziellen Gefahren besteht darin, dass jemand von der oberen Haltestelle stürzen könnte. Um dieses Risiko zu minimieren, ist an der oberen Haltestelle eine Einhausung erforderlich. Diese Einhausung muss durch eine elektromechanisch gesicherte Zugangstür ergänzt werden. Die Zugangstür darf sich nur dann öffnen lassen, wenn sich die Plattform in der oberen Position befindet. 
    Aufgrund der möglichen Absturzgefahr werden an die Sicherheitszuhaltung besonders hohe steuerungstechnische Anforderungen gestellt. Beispielsweise erfolgt die Freischaltung der Sicherheitszuhaltung über eine doppelte Abfrage der oberen Endposition. Darüber hinaus muss die Sicherheitszuhaltung bestimmte technische Parameter erfüllen, die über die reine Funktionserfüllung hinausgehen.
  2. Schutzmaßnahmen an der unteren Haltestelle:
    Auch an der unteren Haltestelle ist eine Einhausung notwendig, einschließlich einer elektromechanisch gesicherten Zugangstür. Da der Bediener von der oberen Haltestelle aus nicht einsehen kann, ob sich jemand an der unteren Haltestelle befindet, sind diese Schutzmaßnahmen unerlässlich.
  3. Erhöhte Anforderungen an das Hydrauliksystem:
    Um die Sicherheit unserer vereinfachten Güteraufzüge weiter zu erhöhen, stellen wir an die hydraulischen Systeme höhere Ansprüche, als dies von der Norm gefordert wird. Jeder Güteraufzug wird mit elektrischen Sperrventilen und Senkbremsventilen ausgestattet. Diese sind unmittelbar am Zylinderanschluss angebracht, ohne zwischengeschaltete Rohrsegmente oder Schläuche. Dadurch wird selbst bei Leckagen ein sicherer Betriebszustand gewährleistet (siehe unseren Artikel: ‘Schutzeinrichtungen am Hubtisch: Hydraulikventile’).
  4. Überlastsicherung:
    Ein weiterer potenzieller Gefahrenpunkt ist die Überlast. Um sicherzustellen, dass der Güteraufzug nicht überladen wird, installieren wir einen Drucksensor. Dieser Sensor überwacht den aktuellen Betriebsdruck und vergleicht ihn mit dem Solldruck. Bei einer Überlast wird ein Verfahren des Aufzugs verhindert.

Fazit

Der Vergleich zwischen einem Hubarbeitstisch und einem vereinfachten Güteraufzug verdeutlicht, dass Hubtisch nicht gleich Hubtisch ist. Für jede Einbausituation muss ein Abgleich mit den gültigen Normen erfolgen. Abhängig von den spezifischen Gefahrenquellen müssen unterschiedliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden.

Dies erklärt auch die Unterschiede in der Ausstattung und im Preis zwischen einem Standardhubtisch und einem speziell für den Gütertransport zwischen mehreren Ebenen konzipierten Hubtisch. Die zusätzlichen Anforderungen an Sicherheit und Funktionalität führen zwangsläufig zu höheren Kosten, stellen aber sicher, dass der Hubtisch den jeweiligen Einsatzbedingungen gerecht wird.



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